AUSTERDALSBREEN
Die Region Sogn og Fjordane (so hieß früher auch die Fylke) verdankt ihre Bekanntheit und ihre Faszination zum einen sicher den Fjorden, aber eben auch den Gletschern, die trotz Schmelze aufgrund des Klimawandels immer noch imposant sind. Der größte Festlandsgletscher Europas, der Jostedalsbreen, misst an seiner dicksten Stelle immer noch gut 500 m und erstreckt sich in der Fläche auf mehr als 400 qm grob zwischen dem Sognefjord und dem Nordfjord. Im Norden folgt Jotunheimen. - Wir biegen bei Hafslo auf den Fv5641 in Richtung Veitastrond ab. Ein Strecke, die man im Winter meiden sollte, so man denn kann. Sie ist besonders lawinengefährdet. Im Sommer eher weniger gefährlich. Steine auf der Fahrbahn sind aber nicht auszuschließen. Der gletschergrüne Veitastrondvatnet begleitet uns gut 20 km und schon der See ist ein "Verführung", wenn man Natur einfach genießen möchte. Schon hier erahnt man die Macht des Eises...
Jostedalsbreen
...am Veitastrondvatnet
Unser Ziel ist allerdings der Tungstølen. Während man in Ostnorwegen häufiger im Falle einer Alm von "Seter" spricht, ist es hier, im Einflussbereich der westnorwegischen Dialekte und des "Nynorsk" der "Stølen". Gemeint ist im Grunde das Gleiche. Die letzten 5 km bis zum Tungestølen können auf einem kostenpflichtigen Mautweg zurückgelegt werden oder eben auch schon zu Fuß. Hier findet sich dann ein Parkplatz, von wo unsere Wanderung in das Austerdalen und dem gleichnamigen Gletscher starten soll.
Überall laufen Haustiere, meist Kühe, umher und die frische Gletscherluft ist köstlich. Eine Einladung zum Genießen und für eine schöne Wanderung, bei der man die Szenerie und die Natur in sich aufnehmen kann... - Tungestølen ist eigentlich über 100 Jahre alt, doch im Jahre 2011 vernichtete ein Orkan das alte Hauptgebäude ganz oben auf der Bergkuppe. Heute findest sich dort ein modernes Gebäude, gerade auch in seiner gar nicht so typischen Architektur.
Tungestølen (alt)
Vom Parkplatz ausgehend überqueren wir die einzige Brücke über den Austerdalselvi. Dort beginnt, gut erkennbar, der Pfad über eine kleine Anhöhe hinüber in das eigentliche Tal, welches uns unmißverständlich zum Gletscher führen wird. Dominant dabei der teils reißende Fluss, der von den vielen Rinnsalen und Bächen als Ausfluss der Gletscherzungen gefüllt wird.
Der Weg bleibt unser Ziel. Natürlich ist die Neugierde sehr groß, was uns am Austerdalsbreen erwartet, aber schon der Weg durch das ehemalige Gletschertal mit den vielen unübersehbaren Spuren ist ein tolles Erlebnis. Der wilde gletschergrüne Fluss begleitet uns vor allem auch in Bezug auf seine Geräuschkulisse, die das ganze Tal aufüllt.
Kurz vor dem Talschluss erreichen wir die Moränenberge, die auf dem Weg hinüber zum Gletscher überwunden werden müssen. Der Blick zurück in das Austerdalen wird im Vordergrund durch riesige Steine geprägt. Die Spuren des Eises begeistern...
Wir überwinden die letzte Anhöhe und erahnen den tiefen Einschnitt grob nach Nordwesten. Wir gehen langsamer, weil uns fast schon "Ehrfurcht" vor der gewaltigen Kulisse erfasst. Am Ende der im Tal liegenden Eisfläche erkennen wir die beiden zusammenfließenden Zungen von "Odin" und "Tor". Wohl in Anlehnung an die nordischen Mythen gewählte Namen.
Torsbreen
Odinsbreen
Man kann noch ein gutes Stück hinüber zum Eis gehen. Der Pfad senkt sich dorthin ab. Betreten ist natürlich verboten, weil das Eis in Bewegung ist und unberechenbar für Unkundige ist. - Wir setzen uns auch viel lieber hin und genießen die gewaltige Atmosphäre der Urgewalten aus Fels und Eis. Der Austerdalsbreen wird deutlich seltener besucht als die "berühmteren Brüder", wie vor allem der Nigardsbreen. Dort werden auch geführte Touren auf das Eis angeboten. Für echte Naturfreunde und etwas sportlichere Leute noch interessanter dürfte die dreitäge Überquerung des Eisplateaus des Jostedalsbreen sein. Langlauf im Frühjahr/Sommer und Übernachtung im Zelt sind sicherlich unvergesslich...